Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling

Der Ameisenbläuling – der „Kuckuck“ unter den Schmetterlingen

Der Fachbereich F5 – Flächenmanagement Straßenbau kümmert sich nicht nur darum, dass Straßen gebaut bzw. saniert werden können, sondern ist auch für die Betreuung und angepasste Pflege von Kompensationsflächen zugunsten zum Teil seltener Tier- und Pflanzenarten zuständig.

Hierzu zählt der Ameisenbläuling. Es handelt sich um einen kleinen, unscheinbaren bei den Weibchen eher gräulich-braunen als blauen Schmetterling mit einem ungewöhnlichen Lebenszyklus. Nur die männlichen Falter haben eine blaue Oberseite. Und für diesen kleinen Schmetterling beginnt im Moment die wichtigste Zeit des Jahres.

Auf den Wiesen der Kompensationsflächen regt sich etwas. Im Sonnenlicht breitet ein kleiner Falter seine Flügel aus und macht sich auf den Weg, einen Partner für die Paarung zu suchen. Der kleine Schmetterling hat soeben einen Wettlauf gegen die Zeit und gegen eine große Anzahl an Gegnern gewonnen. Er ist aus einem Ameisenbau gekrabbelt.

Auf der Wiese entdeckt er dann einen Partner und kaum haben sie sich gefunden, wird das Paarungsritual vollzogen. Das Weibchen fliegt nach kurzer Zeit zu einem der Blütenköpfe des Großen Wiesenknopfes (Sanguisorba officinalis). Nur auf dieser Pflanze wird sie ihre Eier ablegen, aus denen sich die kleinen Raupen entwickeln. Das Problem des Weibchens besteht darin, eine Wiese zu finden, auf welcher der Große Wiesenknopf zur Blüte kommt. Meist sind die landwirtschaftlichen Nutzwiesen zu Zeitpunkten gemäht, in denen der Große Wiesenknopf blühen würde. Doch sie hat Glück. Auf der Kompensationsfläche findet sie eine Blüte, auf welcher sie ihre Eier ablegt. Ihre Arbeit ist getan und sie fliegt leicht bläulich schillernd davon. Aus den Eiern schlüpfen bald kleine Raupen, die sich an der Blüte satt fressen. Doch die kleinen Raupen haben jetzt ein anderes Problem. Um sich zu einem Schmetterling wie ihre Eltern weiterentwickeln zu können, sind sie auf einen speziellen Gastgeber angewiesen. Bei diesen Gastgebern handelt es sich um Knotenameisen (Gattung Myrmica). Diese sammeln die kleinen Raupen auf, welche sich zwischenzeitlich haben auf den Boden fallen lassen, und transportieren sie in ihr Nest. Die kleinen Raupen sind vorerst in Sicherheit. Mit einem Trick führen sie die Ameisen an der Nase herum, sodass diese denken, dass es sich um ihre eigene Brut handelt. Die kleinen Raupen imitieren den Duft der Ameisenbrut. So sind die Ameisen überzeugt, dass die kleinen Raupen ihre eigenen Kinder sind und kümmern sich fürsorglich um diese. Außerdem haben die kleinen Raupen Honigduftdrüsen, weshalb sie für die Ameisen sehr lecker riechen. Dieser Lebensabschnitt des Ameisenbläulings erinnert etwas an den Kuckuck, der seine Jungen auch von fremden Eltern großziehen lässt. Die kleinen Raupen entwickeln sich im Ameisenbau prächtig und es kommt die Zeit, in der sie sich verpuppen. Im nächsten Jahr schlüpfen dann im Ameisennest aus der verpuppten Raupe die neuen Falter. Diese müssen jetzt den Wettlauf gegen die nunmehr nicht mehr liebevoll umsorgenden Ameisen gewinnen. Die Ameisen haben nach dem Schlupf des Falters den Trick durchschaut und greifen ihn an. Schafft es der Falter aus dem Ameisenbau zu entkommen, beginnt der Zyklus von vorne.

Auf einem Teil unserer Ausgleichsflächen befindet sich der Lebensraum des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings (Maculinea nausithous) und des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings (Maculinea teleius). Beide Arten befinden sich in Anhang II und VI der FFH-Richtlinie, was bedeutet, dass sie auf europäischer Ebene geschützt sind und auch der Lebensraum geschützt werden muss. Der Artikel 3, Absatz 1 der FFH-Richtlinie besagt, dass die Mitgliedsstaaten Schutzgebiete für das Natura-2000-Netzwerk für Habitate diese Art ausweisen und einen günstigen Erhaltungszustand gewährleisten oder diesen gegebenenfalls wiederherstellen müssen. Der Lebensraum des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings und des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings ist dort, wo der Große Wiesenknopf wächst und z.B. die Rote Gartenameise (Mymica rubra) vorkommt – Feuchtwiesen, aber auch deren trockenere Randbereiche. Wir schützen den Lebensraum auf unseren Ausgleichsflächen, indem bestimmte Mahdzeitpunkte eingehalten werden, damit der Wiesenknopf rechtzeitig zur Flugzeit des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings und des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings (Juli und August) wieder Blütenköpfe entwickelt hat. Auch darf auf unseren Ausgleichsflächen kein schweres Gerät genutzt werden, damit die Nester der Wirtsameise nicht zerstört werden.

Diese Art der Bewirtschaftung funktioniert nur, wenn Naturschutz und Landwirtschaft Hand in Hand arbeiten. Deshalb schließt der Fachbereich F5 Pflegeverträge mit regionalen Landwirten und steht in regem Austausch mit diesen, um die naturschutz- und artenschutzrechtliche Bewirtschaftung zu erläutern und somit den Schutz solch besonderer Tierarten wie des Ameisenbläulings auf den Kompensationsflächen für den Straßenbau zu gewährleisten.

(Alle Fotos in diesem Artikel sind vom Fachbereich F5 - Team Kompensation)