Geschichte und Entwicklung der HLG

Die Hessische Landgesellschaft mbH ging am 1. Januar 1972 aus der Verschmelzung der Hessischen Heimat Siedlungsgesellschaft mbH (für Kurhessen und Waldeck zuständig) mit der Nassauischen Siedlungsgesellschaft mbH Frankfurt (für den restlichen Teil Hessens zuständig) hervor.

Im Zuge der Verwaltungsreform wurde der HLG im Jahr 2002 die Verwaltung der hessischen Staatsdomänen übertragen. Damit gingen rund 15.000 ha Grundbesitz, die bisher von den zwei Regierungspräsidien und 80 Forstämtern verwaltet wurden, an die HLG über. Das Land Hessen hat gleichzeitig der HLG die Gesamtverantwortung für die Baubetreuung übergeben, die bis dato von der Staatsbauverwaltung wahrgenommen wurde.

Seit dem Jahr 2006 ist die HLG anerkannte Ökoagentur des Landes Hessen zur Bereitstellung und Vermittlung von Ersatzmaßnahmen nach der Hessischen Kompensationsverordnung (KV) und dem Hessischen Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (HAGBNatSchG).

Im Jahr 2012 kam als Aufgabe der HLG noch das Flächenmanagement Straßenbau einschließlich des Grunderwerbs, der Kompensation sowie der Bevorratung und Verwaltung von Flächen für den Straßenbau in Hessen dazu.

Seit der Gründung haben sich die Aufgaben der HLG gewandelt. Seit einigen Jahren liegt der Arbeitsschwerpunkt auf der vorausschauenden Bodenbevorratung für öffentliche und agrarstrukturelle Zwecke.

100 Jahre – 100 Fakten

Wie alles begann … alles bleibt neu

Schaffung von Wohnraum und Erhalt ertragsreicher Ackerflächen: Unsere Aufgaben sind heute so aktuell wie damals

Auch wenn der eigentliche Ursprung der staatlichen Sorge um die hinreichende Versorgung der Bevölkerung mit landwirtschaftlichem Siedlungsland weit vor dem Jahr 1919 lag und der Geist der Aufklärung zumindest seit Napoleon zu spüren war, sehen wir die Geburt der Landgesellschaften mit dem Ende des Ersten Weltkriegs.

In tiefer Not hilft das Reichssiedlungsgesetz

Letztendlich war es dann die erste demokratisch legitimierte Reichsregierung nach der Revolution von 1918, die handelte und 1919 zunächst mit einer Verordnung und dann mit einem Gesetz die Grundlagen für die Bildung von Landgesellschaften schuf. Damit standen alle deutschen Länder in der Pflicht, eine gemeinnützige Siedlungsgesellschaft zu gründen. Schon einen Tag vor der Verordnung errichteten die einstigen Kurhessen am 28. Januar 1919 auf der Gründungsversammlung die „Hessische Heimat, Siedlungsgesellschaft mbH“ mit Sitz in Kassel. Als Stammkapital wurden 1 437 000 Mark gezeichnet. Ziel der Hessischen Heimat war die „Beschaffung und Erhaltung von Wohnstätten, die mit einer dem wirtschaftlichen Bedürfnisse des Besitzers angepassten ertragsfähigen Bodenfläche ausgestattet sind, insbesondere für Handwerker, Kleingewerbetreibende, Beamte, Angestellte und Lohnarbeiter jeder Art“. Ziel war es, Wohnen und Landwirtschaft zu verbinden, damit Arbeiter, Angestellte und Selbstständige mit Hilfe der Landwirtschaft einen Zuverdienst erzielen oder sich und ihre Familien wenigstens selbst ernähren konnten. Im Süden Hessens wurde die Nassauische Siedlungsgesellschaft am 25. August 1919 in Wiesbaden gegründet, nachdem am 11. August 1919 das Reichssiedlungsgesetz (RSG) erlassen worden war. Ihr Stammkapital betrug 809 000 Mark. 

Vorkaufsrecht, Wiederkaufsrecht und Enteignung

Die Gesellschaften hatten ein Vorkaufsrecht und ein unbefristetes Wiederkaufsrecht, wenn die Siedlerstelle aufgegeben oder veräußert und wenn sie nicht bewohnt oder bewirtschaftet wurde. Güter, die mehr als 100 Hektar groß waren, mussten sich in den Ansiedlungsgebieten zu Landlieferungsverbänden zusammenschließen. Der zuständige Verband hatte auf Verlangen der Siedlungsunternehmen zu Siedlungszwecken geeignetes Land zu einem angemessenen Preis zu beschaffen. Der Landlieferungsverband konnte sogar jene Eigentümer enteignen, die sich nicht den größten Teil des Jahres auf ihren Gütern aufhielten oder die ihre Güter schlecht oder nicht selbst bewirtschafteten. Dazu waren alle Geschäfte und Verhandlungen, die zur Durchführung von Siedlungsverfahren dienten, von allen Gebühren, Stempelabgaben und Steuern befreit. Diese Reichssiedlung verbesserte die Agrarstruktur und zahlreiche Kleinbetriebe wurden gegründet, aber gemessen an den Möglichkeiten sei „leider viel zu wenig geschehen, weil die staatliche Finanzierung zu gering war“, urteilt Karl-Heinz Unverricht, der sich als früherer Geschäftsführer der HLG intensiv mit der Geschichte der Landgesellschaften befasst hat.

„Ohne Landgesellschaft wäre Hessen ärmer“

Wie wäre Hessen heute ohne seine Landgesellschaften, die 1972 in der HLG zusammengeführt wurden? „Ärmer“, antwortet Unverricht auf diese Frage. Die Flüchtlinge und Vertriebenen wären nicht so gut und rasch integriert worden, und die Agrarstruktur hätte sich nur zögerlich gebessert. Ministerpräsident Georg August Zinn habe „viel getan für Dorfgemeinschaftshäuser, Schlachthäuser und Tiefkühlhäuser“. Irgendwann aber, blickt Unverricht zurück, sei die Landgesellschaft aus der Sicht anderer zu mächtig geworden, und die Politik habe ihr zahlreiche Aufgaben „weggenommen“. Man habe einen „Prügelknaben“ gebraucht. Die Zahl der Mitarbeiter sei in den 1980er Jahren von 320 auf 60 gesunken. Dann aber habe die HLG die Wende geschafft. Sie gestalte Hessen wieder im Sinn einer Flächenmanagerin.

Die HLG – ein Juwel im Kreis der deutschen Siedlungsunternehmen

Die BLG-Bundesgeschäftsstelle in Berlin gratuliert der HLG zum 100-jährigen Bestehen. Die HLG ist in ihrer Funktion als staatliche Treuhandstelle für ländliche Bodenordnung, der besonderen Verbindung mit Landwirtschaft, Kommunen und dem Land, ein Juwel im Kreis der deutschen Siedlungsunternehmen. Die Geschäftsführungen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der HLG haben es stets bestens verstanden, die erfolgreiche Geschichte, den guten Ruf und das Vertrauen in die Gesellschaft mit Innovation zu verbinden und die Geschäftsgrundlage als gemeinnütziges Siedlungsunternehmen zu verbreiten. Die Übernahme der offiziellen landwirtschaftlichen Bauberatung, der Domänenverwaltung für das Land, die Implementierung der Ökoagentur in die Gesellschaft, GIS im Flächenmanagement, Flächenerwerb und Bodenbevorratung für die Straßenbauverwaltung sowie ein integriertes Flächenmanagement sind die von der HLG gesetzten Meilensteine. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg!

Karl-Heinz Goetz

Geschäftsführer des Bundesverbands der gemeinnützigen Landgesellschaften

Die HLG – beispielgebend für Deutschland und Europa

Die HLG bzw. ihre Vorgängergesellschaften haben in den 100 Jahren ihrer Unternehmensgeschichte in Hessen viele erfolgreiche Siedlungs- und Landentwicklungsprojekte mit und für die Bevölkerung realisiert. Darauf können das Land und die HLG mit Stolz zurückblicken. Zum Leitbild der HLG gehört „Professionalität und Qualität als Dienstleister rund ums Grundstück“. Mit der Übertragung der Domänenverwaltung auf die HLG, der Anerkennung der HLG als hessische Ökoagentur und später auch der Übertragung des Flächenmanagements für den Straßenbau in Hessen ist beim Flächenmanagement im öffentlichen Interesse eine höchst effiziente Bündelung erfolgt, die so ihresgleichen sucht. Diese bringt Hessen einen zunehmenden Mehrwert für die Landentwicklung, der beispielgebend für andere Bundesländer ist und der auch in umliegenden europäischen EU-Mitgliedstaaten Interesse geweckt hat. Der Ausgleich der unterschiedlichen Nutzungsinteressen, die Beachtung sowohl wirtschaftlicher als auch ökologischer und sozialer Faktoren ist zur Lösung aktueller und künftiger Herausforderungen mehr denn je von herausragender Bedeutung. Dabei die agrarstrukturellen Belange zu berücksichtigen und den Konsens mit den Landwirten zu suchen, macht die Stärke der Landgesellschaften und insbesondere der HLG aus. Ich wünsche der HLG noch viele erfolgreiche Jahre.

Volker Bruns

Vorsitzender des Vorstandes im Bundesverband der gemeinnützigen Landgesellschaften (BLG)

Die Landgesellschaften im Überblick