Von links: Dr. Gerald Kunzelmann (Geschäftsführer HLG), Joachim Heuser (Bauamtsleiter Florstadt), Prof. Dr. Martina Klärle (Vizepräsidentin der UAS Frankfurt), Gunther Thias (HLG Fachbereichsleiter)

Florstadt: „Ein Vorteil für die Natur und die Landschaft“ 

„Wir sind erst ganz, ganz, ganz am Anfang mit einem neuen Baugebiet“, sagt Florstadts Bürgermeister Herbert Unger. Aber eben dieser Anfang hin zu einer Plus-Energie-Siedlung sei gemacht mit einem Beschluss des zuständigen Fachausschusses und der Stadtverordnetenversammlung. Erst konzentriere sich Florstadt auf die Innenentwicklung, die nach Ungers Worten „gut läuft“, weil die letzten neuen Wohnbaugebiete „gut ausverkauft“ seien und es keine nennenswerten Leerstände innerorts gebe. Wenn die Innenentwicklung nach dem integrierten kommunalen Entwicklungskonzept (IKEK) vorangetrieben sei, könne Florstadt von 2021 an mit der Planung und Genehmigung einer Plus-Energie-Siedlung beginnen. In Nieder-Florstadt solle dann ein 20 Hektar großes Baugebiet in drei bis vier Abschnitten entwickelt werden. Dort solle aber nicht nur mehr Energie erzeugt als verbraucht werden, blickt Unger in die nahe Zukunft, sondern er möchte dort auch ein Brauchwassersystem – neben dem Trinkwassersystem – für sogenanntes Grauwasser errichten. Letzteres ist Wasser, das nur deshalb kein Trinkwasser mehr ist, weil die Wasserschutzgebiete um die Quellen aufgehoben wurden. Zum Spülen von Toiletten und zum Wässern von Gärten und Feldern ist es aber bedenkenlos geeignet.

Florstadt, sagt Unger, habe ein „natürlich-gesundes Verhältnis zu seiner Umwelt“ und daher auch die ersten Windkraftanlagen im Wetteraukreis. In der Gemeinde sollte ferner eine Biogasanlage errichtet werden, in der – je nach Weltmarkt-Zuckerpreis – die Wetterauer Zuckerrüben zu Gas verarbeitet werden sollten, wenn ihre Verarbeitung zu Zucker nicht lohnte. Dann novellierten die Politiker das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und machten den Florstädtern einen Strich durch die Gas-Rechnung. Auch die Pläne zum Ausbau der Windenergie lösten sich in Luft auf, nachdem Florstadt im Teilplan Wind bei der Fortschreibung des Regionalplans nicht als geeigneter Standort für Windkraftanlagen aufgeführt worden war. Und schließlich scheiterte ein Photovoltaikpark, den ein Landwirt an der Autobahn 45 mit Unterstützung der Kommune errichten wollte, am Einwand des Landwirtschaftsamtes, listet Unger die gescheiterten Versuche auf, innerhalb der Gemeindegrenzen etwas für die Erzeugung nachhaltiger Energie zu tun. „Nun sind wir am Ende der Fahnenstange“, sagt der Bürgermeister. „Wir sind umgeben von Vogel- und Naturschutzgebieten sowie FFH-Flächen. Wenn wir wachsen wollen, geht das nur auf landwirtschaftlich besten Böden. Wenn das aber schon so ist, dann soll wenigstens ein Vorteil für die Natur und die Landschaft dabei herausspringen“, begründet Unger, warum die Gemeinde an den Bau einer Plus-Energie-Siedlung denkt.

Der Bürgermeister setzt auf eine positive Resonanz in Florstadt: „Es sprechen mich die Leute an und fragen: Wann können wir Grundstücke kaufen? Und der Bezirksschornsteinfeger hat schon die jungen Leute für das Thema sensibilisiert und noch keine negative Stimme gehört.“

Unger weiß, dass der Bau einer Plus-Energie-Siedlung herausfordernder sein wird als der einer konventionellen, „denn wenn es so einfach wäre, mehr Energie zu erzeugen als verbraucht wird, dann würde es ja jeder machen. Aber alles kostet Geld.“ Darum setzt Unger zunächst auf die technische Beratung durch die HLG und die Landesenergieagentur, wenn es um den richtigen Bau einer Plus-Energie-Siedlung geht, „aber ich erwarte mir natürlich auch eine Beratung, wo die Gelder zu holen sind. Denn das Haus, das Energie erzeugt, das kostet mehr in der Erstinvestition. Natürlich erwarten wir Unterstützung und Zuschüsse wie in der Dorferneuerung.“

07.08.2019

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