Von links: Dr. Gerald Kunzelmann (Geschäftsführer HLG), Jürgen Hoffmann (Bürgermeister Stadt Rodgau), Markus Ebel-Waldmann (Leiter Stadtwerke Rodgau), Prof. Dr. Martina Klärle (Vizepräsidentin UAS Frankfurt), Robert Schütz (Projektleiter)

Rodgau: „Alle müssen dort wohnen können“

Jürgen Hoffmann, Bürgermeister der Stadt Rodgau, will die Plus-Energie-Siedlung ohne soziale Ausgrenzung nach oben und unten

„Das ist meine tiefe Überzeugung: Wir müssen etwas tun, um die Kohlendioxidbelastung auch beim Wohnen zu senken. Wir müssen die Menschen auf neue Ideen bringen und sie darin unterstützen, diese zu verwirklichen. Darum ist es gut, dass uns wiederum die Hessische Landgesellschaft (HLG) in Person ihrer Geschäftsführerin Frau Prof. Dr. Martina Klärle auf die Idee gebracht hat, intensiver über eine Plus-Energie-Siedlung nachzudenken“, sagt Jürgen Hoffmann, Bürgermeister der fast 50.000 Einwohner zählenden Stadt Rodgau im Kreis Offenbach. Noch gebe es keine konkrete Planung für eine solche Siedlung in Rodgau, sagt Hoffmann: „Wir sind allenfalls in der Vorphase, aber wir haben eine Fläche von 45 Hektar, die aufgrund ihrer Lage für eine solche Siedlung geeignet wäre, und wenn wir über eine Plus-Energie-Siedlung sprechen, dann sollten wir das ganze Thema inklusive der Mobilität auf neue Weise denken.“

Doch für Hoffmann gibt es ein „Aber“. Er stellt eine für ihn unumstößliche Grundbedingung: „Die Zukunft der Plus-Energie-Siedlung wird davon abhängen, ob dort alle Menschen unabhängig von ihrem Einkommen werden leben können. Auch die Plus-Energie-Siedlung braucht Vielfalt durch die Teilhabe aller.“ Es könne durchaus sein, dass eine Plus-Energie-Siedlung eine andere Gruppe von Bürgern mit anderen Berufen, anderen Ansprüchen und einem anderen Bildungsniveau anziehe, räumt Hoffmann ein, um dann fortzufahren: „Genau deshalb sage ich: Wir wollen keine Gruppe benachteiligen, nicht nach oben oder unten ausgrenzen. Alle müssen dort wohnen können, und wir müssen entsprechende Konditionen schaffen, damit jeder in einer Plus-Energie-Siedlung leben kann. Wir sollten eine Differenzrechnung zu den Investitions- und den Energiekosten eines normalen Hauses aufstellen, um für die Startphase, in der die erhöhten Investitionen bis zu deren Amortisation zu finanzieren sind, eine Kompensation anzubieten. Langfristig sind die Energiekosten in der Plus-Energie-Siedlung günstiger.“

Die Fragen danach, wie viel Prozent der Bürger eine solche Siedlung wollten und wer am Ende mehr dafür zu zahlen bereit wäre, könne er, Hoffmann, noch nicht beantworten. Zwischen der ökologischen Zielsetzung und dem ökonomisch Möglichen weitet sich nach den Worten des Bürgermeisters einer jungen Stadt, die große Wachstumsschübe erlebt hat, ein Spannungsfeld: „Es kommt darauf an, welche Randbedingungen wir als Kommune, aber auch das Land stellen. Ja, die HLG hilft uns auf dem Weg zur Plus-Energie-Siedlung, aber alles muss bezahlbar bleiben. Ich sehe da auch das Land in der Verantwortung, damit die Idee der Plus-Energie-Siedlung auch von Menschen mit normalen Einkommen gelebt werden kann. Denn wir wollen auch in einer solchen Siedlung in sozialer Ausgeglichenheit leben. Keiner soll benachteiligt sein.“

Das Bauen selbst sollte das kleinste Problem sein, vermutet Hoffmann. Die Entwicklung eines attraktiven Finanzierungsmodells dürfte die größte Herausforderung sein, „damit auch jene Bevölkerung dort leben kann, die keine staatliche Förderung erhält, aber dennoch ums finanzielle Überleben kämpft.“ Hoffmann fordert, zunächst das richtige Konzept zu suchen und dann „niemals die Schwierigkeiten in den Vordergrund zu stellen, sondern eine Akzeptanz zu erreichen, wirklich umzudenken und Chancen gegen Risiken transparent abzuwägen“. Auf dem Weg zur Plus-Energie-Siedlung sei gegen einen konstruktiven Austausch nie etwas zu sagen: „Wir alle wollen neue Wege gehen. Um moderne Projekte verständlich zu machen, helfen uns auch Beratung und Moderation. Mediation brauchen wir nicht. Aber wir brauchen Fördermittel, und die HLG ist für uns immer eine gute Hilfe.“

07.08.2019

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